#energie
Was ist Energie, diese unsichtbare Kraft? Dieser Frage sind wir im Jahresbericht 2022 nachgegangen, nachdem uns das vergangene Jahr die grosse Abhängigkeit von Energieträgern vor Augen geführt hat. Wir sprachen mit zehn Personen auf der BGS und ihrem Umfeld über Energie. Nach allgemeinen Einstiegsfragen wie «Was ist Energie? Was bedeutet sie für dich? oder konkreten Fragen: «Wie hast du die Energiekrise im vergangenen Sommer erlebt?» erhielten wir ganz unterschiedliche Antworten, auch viele überraschende. Vertiefen Sie sich in die Texte und freuen Sie sich an den überaus farbigen Porträts. Sie sind übrigens mit einer Aurakamerafoto aufgenommen. Ähnlich wie eine Wärmebildkamera, welche die Wärmestrahlung von Gebäuden darstellt, macht sie Entladungen im natürlichen Energiefeld um Menschen herum sichtbar.

Feuerenergie
«Die Natur ist ein Kraftort für mich. Ich gehe gerne ohne Plan raus. Einfach das zu nehmen, was einem vor die Füsse kommt, eröffnet neue Welten. Man kommt zum Ursprung, zum Eigentlichen. Immer wieder entdecke ich von neuem im Unerwarteten und im Kleinen die grossen Wunder der Natur. Ich mache gerne ein Feuer. Unterdessen ist es so etwas wie ein Challenge geworden, nur vorgefundenes Material dafür zu verwenden – auch im Winterwald. Immer mittwochs bin ich mit einem Chindsgi als Klassenassistentin draussen unterwegs. Die letzten zwanzig Jahre habe ich als Kunsthistorikerin gearbeitet. Jetzt möchte ich herausfinden, ob es in pädagogischer Richtung weitergehen soll. Ich besuche momentan einen Kurs zum Thema ‹Draussen unterrichten› und plane, die Ausbildung zur Natur- und Wildnispädagogin zu machen. Die Zeit im Wald mit den Kindern erfüllt mich. Es gibt für mich und die Kinder ausserhalb des Klassenzimmers so vieles zu lernen – und zwar mit allen Sinnen und auf allen Ebenen. Beispielsweise dürfen die Kinder eine Feuerprüfung bei mir absolvieren und nehmen mit grossem Stolz das Feuerabzeichen entgegen. Die Faszination für das Feuer ist in unseren Genen. In die lodernden Flammen zu schauen, beruhigt und mittet. Und gemeinsam etwas über dem Feuer zu kochen und zusammen am Feuer zu essen, verbindet ungemein.»

Eigenverantwortlicher Verbrauch
«Im Vorstand unserer Baugenossenschaft (BGS) gehen wir mit Energiethemen sehr achtsam um. So passen wir unsere Energie-Strategie laufend den Erfordernissen und neuen Erkenntnissen an und aktualisieren sie. Dabei diskutieren wir Themen wie energetische Sanierungen, Ersatz/Neubau von Wärmeerzeugungsanlagen, Solar- bzw. Photovoltaikanlagen bis hin zur E-Mobilität - immer auch unter den Gesichtspunkten Ökologie und Ökonomie. Gerade beim Ersatz bestehender Gas- oder Ölheizungen öffnen wir den Fächer und suchen nach den geeignetsten Möglichkeiten für die BGS und das Projekt. Neu setzen wir bei der BGS verschiedene Wärmeerzeugungen ein, z.B. Erdsonden, Fernwärme, Pellets, auch in Kombination mit Photovoltaik. Letzten Sommer/Herbst stand die Energiekrise mit Sparappellen im Fokus der Öffentlichkeit. Der vom Bundesrat erlassene Mehrpunkteplan hatte Auswirkungen auf unser ganz persönliches Umfeld und unser Verhalten. Die aussergewöhnliche Energielage hat uns auch innerhalb des BGS-Vorstandes bzw. unseres Risikomanagements beschäftigt. Dabei haben wir die Energiekrise bzw. die Energiekosten als latentes Risiko erkannt, aber als wenig relevant für die BGS-Geschäfte eingestuft. Der Vorstand hat sich deshalb entschieden, den Genossenschafter/-innen keine direkten Energie-Sparmassnahmen vorzuschlagen oder Empfehlungen abzugeben. Wir haben bewusst auf die Eigenverantwortung unserer Genossenschafter/-innen gesetzt und keine Bevormundung angestrebt.»

Energieautark
«Ich habe meine 40-jährige Ölheizung vor zwei Jahren durch eine Wärmepumpe ersetzt und eine PV-Anlage auf meinem Dach installiert. Mir war bewusst, dass Energie nur noch teurer wird. Ich wollte ein autonomes System, das zuverlässig ist und Kosten spart. Unsere Wärmepumpe, die Waschmaschine und andere Haushaltgeräte habe ich so eingestellt, dass sie dann den Strom brauchen, wenn er verfügbar ist. Es macht Spass, an der Haussteuerung herumzutüfteln. Meine Anlage liefert auch den Strom für das Elektroauto, welches ich vor fünf Jahren gekauft habe. Auch bei diesem Entscheid waren die Kosten ausschlaggebend. Da es fast keine Wartung und kaum Unterhalt benötigt, kommt mein Auto langfristig ebenfalls günstiger. Ich will möglichst autark sein. Eigentlich lebe ich im Privaten, was die BGS als Organisation vorhat.»

Geben und bekommen
«Ich bin grundsätzlich jemand, der viel Energie hat. Früher war ich immer auf 200. Ich arbeitete lange für die Kirche. Meine Hauptaufgabe war Anlässe zu organisieren, es war immer etwas los. Das hat mir viel Energie gegeben. Ich konnte auf viele helfende Hände und liebe Leute zählen. Heute habe ich vielleicht etwas weniger Energie, ich setze mich auch mal hin oder gehe in die Sauna. Aber Ferien brauche ich eigentlich nicht. Seit einigen Jahren mache ich Sterbebegleitung im engsten Kreis. Das kostet Energie, gibt mir aber auch sehr viel. Ich hätte früher nie gedacht, dass ich das kann. Ich bin da irgendwie mit dem Alter reingewachsen. Man hat mehr Verständnis, sieht die Dinge anders. Als erste habe ich das Mami meiner Schwiegertochter begleitet. Sie hatte immer Freude, wenn ich kam und strahlte mich an: Du bist mein Engel. Ich habe keinen Kurs für Sterbebegleitung besucht. Es kommt vom Herzen. Oft braucht es nicht mehr als eine Umarmung oder, dass man eine Hand streichelt. Für Sterbende dazusein, gibt mir eine tiefe Zufriedenheit.»

Gutgelaunt
«Meine fröhliche Art helfe mir, dass ich einen besseren Zugang zu den Menschen finde, hat mir mein Götti kürzlich gesagt. Das stimmt wohl so. Ich fühle mich selbst besser, wenn ich gut gelaunt durchs Leben gehe. Die positive Einstellung hilft mir auch sehr bei der Arbeit im Team. Ich arbeite mit allen Abteilungen der BGS zusammen und bin an verschiedenen Projekten beteiligt, die parallel laufen. Ich hab’s grundsätzlich gern, wenn viel los ist. Wenn Leute im Team ausfallen, kann es aber auch mal stressig werden. Wenn ich morgens zuerst ans Büro denke, merke ich: Jetzt ist es nicht mehr gut. Beim Sport oder wenn ich mit Freund/-innen abmache, ist aber alles wieder schnell vergessen. Sehr gut tun mir auch die Wochenenden bei meinen Eltern auf dem Bauernhof. Das Landleben entschleunigt mich total. Manchmal nehme ich mir vor, mir mehr Ruhezeiten zu gönnen. Aber dann denke ich wieder: Das kann ich auch noch machen, wenn ich alt bin. Trotzdem schaffe ich es, ab und zu einen ganzen Tag auf dem Sofa zu geniessen, ohne schlechtes Gewissen und das Gefühl, etwas zu verpassen.»

Gspürig unterwegs
«Auf die Energien zu achten, ist wichtig bei meiner Arbeit, etwa bei heiklen Gesprächen. Das Gesprochene ist eine Sache. Die Stimmung des Gegenübers herauszuspüren ist fast wichtiger: Mit welcher Energie ist die Person anwesend und wie verträgt sich die eine mit der anderen? Das Gspüri ist ein Werkzeug in der Siedlungsarbeit, das wir bewusst einsetzen. Wir überlegen uns oft vor einem Gespräch, in welcher Umgebung es stattfinden soll und wer welche Rolle oder den Lead übernehmen soll. Wir wollen jeden Menschen ganzheitlich als biopsychosoziales Wesen wahrnehmen und erkennen. Das Wichtigste, was wir bieten können, ist aktiv zuzuhören. Wenn man in Gesprächen Raum gibt und gut zuhört, kann man oft das Dahinterliegende erkennen - das, was eine Person wirklich beschäftigt. Manchmal kann dann etwas sehr energiegeladen und emotional zum Vorschein kommen. Das kann unangenehm sein und Energie ziehen. Aber man lernt damit umzugehen, die Energie abzufangen und auszuhalten. Letztlich ist für mich alles ein Ganzes. Wenn ich einer Person helfe, helfe ich auch mir.»

Energieverbrauch angepasst
«Die angekündigte Energieknappheit haben wir als Familie zum Anlass genommen, unseren Energieverbrauch zu prüfen und verschiedene, kleinere Massnahmen umzusetzen. Zum Beispiel haben wir Stromleisten installiert, um alle Geräte bei Nichtgebrauch abzustellen, oder die Temperatur im Kühlschrank erhöht. Auch bei der Wohnzimmertemperatur haben wir ausprobiert, was für uns noch erträglich ist. Unter 21 Grad wird es wirklich kühl, da braucht man eine Wolldecke auf dem Sofa. Ganz allgemein hinterfragen wir unseren Konsum laufend bezüglich Notwendigkeit und Nachhaltigkeit. Wir nutzen die Dinge möglichst lang, essen wenig Fleisch, saisonales Gemüse und Früchte, fliegen weniger als früher, fahren ein sparsames Auto, nehmen oft den Zug, pendeln mit dem Velo usw. Auf einiges ist es einfach, zu verzichten, auf manches weniger. Wichtig scheint mir, dass wir bewusst konsumieren und uns laufend hinterfragen. Ich finde es aber falsch, wenn die ganze Verantwortung auf die Konsument/-innen übertragen wird. Es braucht politische Lösungen, Gesetze und die richtigen finanziellen Anreize beziehungsweise Lenkungsabgaben. Die Energiewende in der Schweiz können wir dank unserer Stauseen, Photovoltaik (PV) und Windenergie schaffen. Global ist der Klimawandel und die damit notwendige Energiewende wohl die grösste Herausforderung unserer Zeit. Ich versuche mich in meinem Umfeld einzubringen, dort Themen aufzugreifen und etwas zu bewegen. So habe ich mich kürzlich bei der BGS informiert, ob es nicht sinnvoll wäre, eine PV-Anlage mit einer Autoladeinfrastruktur zu kombinieren, so dass in Zukunft die Autobatterien als lokaler Speicher genutzt werden können. Die PV-Anlage ist geplant. Für den Rest braucht es auf verschiedenen Ebenen noch ein bisschen Zeit.»

Gesundes Nutzerverhalten
«Wir betreuen die Heizungsanlagen der BGS seit Anfang 2020. Bei den bestehenden Heizungssystemen der verschiedenen Liegenschaften machen wir eine Analyse und entwickeln auf Grundlage der Energiestrategie und der geltenden Gesetze einen Massnahmenplan. Der Ersatz von fossilen zu erneuerbaren Energien ist ein Prozess, der zum Teil mehrere Jahre benötigt. Die BGS geht das Thema sinnvoll und nachhaltig an. Neben den Investitionen und in der Gebäudetechnik kann jede Mietpartei mit einem gesunden Nutzerverhalten beitragen, Energie zu sparen. Einfache Massnahmen sind wirkungsvoll: Beispielsweise richtiges Lüften oder die Raumtemperatur steuern, indem man die Läden im Winter hochzieht, um die wärmende Sonne in die Wohnung reinzulassen. Die Energiesparkampagne im letzten November war seitens des Bundesrats aus meiner Sicht etwas übertrieben kommuniziert; das Ganze wirkte zu bedrohlich. Aber die Situation hat vielen bewusst gemacht, wie hoch der Standard in der Schweiz ist. Unsere Grundbedürfnisse sind stets abgedeckt. Wir haben immer genug warm, Wasser, Strom und Licht. Oftmals schätzen wir dies aber zu wenig.»

Körperlich spürbar
«Ich nehme Energie immer und überall wahr: bei Personen, in Räumen oder Systemen. Ich spüre sie körperlich; sie hat eine unterschiedliche Beschaffenheit. Manchmal ist es im Alltagsbewusstsein schwierig für mich, eigene Emotionen und Energien von fremden zu unterscheiden und nichts vom Gegenüber aufzunehmen. Ich bin sehr empathisch. Deshalb begebe ich mich nicht gerne in grosse Menschenmengen. Ich brauche den Rückzug in die Natur und die Meditation, um mich selber wahrzunehmen und zu mir zu kommen. Gut geerdet zu sein, ist die Grundvoraussetzung für die Heilarbeit in meiner Praxis. Ich arbeite unter anderem mit Kinesiologie, Heilfrequenzen und Berührung. Viele wissen nicht: Man hat immer gleich viel Energie. Wenn man sich energielos fühlt, ist sie blockiert.»

Gebündelte Energie
«Mein Verständnis von Energie ist kulturell geprägt und sehr wichtig bei meiner ganzheitlichen Arbeit mit Menschen. Ich bin seit 1997 tibetische Ärztin in neunter Generation. Meine Ausbildung habe ich im Tibet gemacht. Ich versuche das Wissen, das mir mein Vater mitgegeben hat, in meiner Arbeit zu integrieren. Die Basis der Tibetischen Medizin ist, mit Mitgefühl zu heilen; Profitdenken widerspricht unserer Tradition. Die gebündelte Energie des Mitgefühls und die Visualisierung des Medizin-Buddhas hilft uns, die ‹Wirkung› des Heilens zu intensivieren. Darum meditiere ich immer vor meiner Arbeit. Auch die Energie des Praxisraumes spielt in meiner Kultur eine grosse Rolle. Wir achten schon beim Bauen eines Hauses darauf, die Regeln der Geomantie einzuhalten, um die Energie eines Raumes zu harmonisieren. Ähnlich wie beim chinesischen Feng Shui ist es beispielsweise wichtig, nach welcher Himmelsrichtung die Türen oder die Fenster ausgerichtet sind. Aus diesem Grund habe ich in meinem neuen Praxisraum in der BGS die überflüssigen Leitungen wegmachen lassen, die Wände neu gestrichen und auch den Gang herausgeputzt. Zum Schluss habe ich den Abt des Klosters Rikon gebeten, den neuen Raum mit dem Medizin-Buddha-Ritual energetisch einzuweihen, damit die Heilung meiner Patienten erfolgreich verlaufen wird.»