Jahresbericht 2021: On Hold.

Älei im Zimmer. Am Handy. mRNA. Moderna. Pfizer. Alles isch zue: Fitness, Schulen, Bars, Uni. Steigende Fallzahlen.
Homeoffice. Riibereie dihei. Abstand. Quarantäne. Maskenpflicht. Sitzplicht. Uusgang im Zug.
Zuekunftsängscht. Ich verpasse s’Läbe. Chani mi je wieder verliebe?
Spitäler am Anschlag. Fridays for Future. Clubs öffnen. Delta. Aastah bim Teschtzentrum.
Äs bizli Normalität. Long Covid. Demos. Spaltung der Gesellschaft. 3G-Regel. Ohni Covid-Zertifikat chunsch nienet ine. 2G+. Party!
Omikron. Impfdurchbrüche. Boostern. Fünfte Welle. Silvester im Club. Coronamüed. F**k 2021.

2021 sind drei Pandemie-Wellen über das Land gezogen. Die damit verbundenen Einschränkungen waren für die Jugendlichen besonders schwierig. Junge Menschen brauchen Begegnungen, persönlichen Austausch und Freiräume, damit sie sich entfalten und zu sich selbst zu finden können. Die FOMO griff um sich, die Angst etwas zu verpassen. Während wohl eine Mehrheit der Jugendlichen einen pragmatischen Umgang mit der Ausnahmesituation fanden, kamen andere an den Anschlag. Sie bekamen gesundheitliche oder psychische Probleme. Die Perspektiven für die Jugendlichen verschlechtern sich in vielerlei Hinsicht. Darum haben wir im Jahresbericht 2021 hingeschaut und hingehört, wie es unseren Jugendlichen geht. Der Zürcher Stadtzeichner Ingo Giezendanner alias GRRRR und der junge Basler Poetry Slammer Max Kaufmann öffnen den Blick für die Lebensrealität einer Generation, der wir im Sonnengarten Sorge tragen wollen.

Update Corona Report Pro Juventute

«Ich ha gnueg verpasst»

«Clubs geschlossen – statt in den Ausgang gehen die Kids
am Freitagabend S-Bahn fahren», heissts i de News-App.
Einisch em See entlang bis Wädenswil und denn wieder zrugg,
d’Party isch immer erst verbi,
wenn sich e Lea oder e Noah nid zämenäh cha
und de Abig im ne Stritt mitem Kondukteur
über d’Luutstärchi vo de Bluetooth-Böxli ändet.

Die verdammte Bluetooth-Böxli.
Wenn ich Wösch us em Chäller hol,
schliichi inzwüsche a de Tür vo minere Nachbarin verbii,
dass sie gar nid uf d’Idee chunnt z’frage,
was füre Krach denn gester Abig los gsii isch.

Während d’Kids i de S-Bahn enand verzelled,
wie krass bi ihne d’FOMO grad inekickt:
D’Angst, öppis z’verpasse.
Sich wie de Noah gnueg Outfits zäme z’stelle für drüü Johr Usgang.
Eifach für de Fall, dass das plötzlich wieder möglich isch.

Oder wie d’Lea Plän für Ustusch, Studium und Traumjob z’schmiide.
Wie’s Jugendliche au susch jedes Jahr mached.
Nur dass jetzt nid mol me die Erwachsene behaupted,
sie chönni das alles schaffe.

Ich sitz i mim Zimmer und stell mir vor,
wie’s isch, im ne richtige Hörsaal z’sitze.
Ich stell mir vor, wie d’Lea sich ahfangs nid wieder zrächtfindet,
sie’s nümm schafft, lässig demotiviert
mit eim Rucksackbändel über de Schultere in Ruum z’schlurfe.

Oder stell dir vor, wie de Noah wieder uf es Date gaht
und alles, was er z’verzelle het,
sind Sache, woner mit sine Eltere erläbt het.

Ich sitz i mim Zimmer und stell mir vor,
dass ich irgendwenn minere Nachbarin
wieder i d’Auge luege cha,
ohni a die luute Bluetooth-Böxli z’dänke.

Will mir am Fritigabig ändlich nüm dehei sitzed.
Oder i de S-Bahn.

 

Text: Max Kaufmann
Illustrationen: Ingo Giezendanner alias GRRRR